Die Bankenkrise hat Spuren hinterlassen
Szenenwechsel. Wir befinden uns im Jahr 2008, die Bankenkrise ist im vollen Gange. Martin Benz ist seit über 20 Jahren erfolgreicher Projektleiter in einer Schweizer Bank, betreut dort Innovationsprozesse und Veränderungsprojekte. Dann, 2011: Benz ist in dieser Zeit mit einem grossen regulatorischen Projekt betraut, bis zur Frühpensionierung ist es nicht mehr lange. Gleichzeitig aber hat die Krise deutliche Spuren hinterlassen und es erreicht ihn eine Nachricht, die seine folgenden Berufsjahre auf den Kopf stellen wird. Kosteneinsparungen und Restrukturierungen führen damals zur Auflösung seines Arbeitsverhältnisses. Ein grosser Schock, eine Nachricht, die überraschend kommt und viele Emotionen auslöst, erzählt Martin Benz.
Was bin ich wert auf dem Arbeitsmarkt?
Menschen zu motivieren, Veränderungen an Prozessen vorzunehmen und sicherzustellen, dass die neuen Wege auch gegangen werden; all das sind Kompetenzen, die man als Projektleiter «aus dem Effeff» beherrscht. Jetzt aber ging es plötzlich um eine Veränderung, die Martin Benz selbst betraf, und um die Suche nach Lösungen, um aus dieser Situation Mehrwert zu schöpfen. Vor allem ging es aber um die Frage: Wie geht es jetzt weiter? Dazu kamen Gedanken wie: Warum ist mir das passiert? Und was bin ich überhaupt auf dem Arbeitsmarkt wert?
Eine Phase der Orientierung
Martin Benz hat diese Fragen genutzt, um selbstreflektiert in eine Phase der Orientierung zu starten. Schnell war ihm klar: Ein Wechsel in einen anderen Job innerhalb der Bankenbranche war keine Option. Zu unsicher und in seinem Tätigkeitsbereich nicht zielführend. Er setzte also den Fokus auf andere Industrien und schaute sich nach möglichen Jobangeboten um. Eine Methode, die ihm damals half: Einen Moment innehalten und spüren, wo die eigenen Stärken liegen. Zu überlegen, was will ich wirklich tun, welcher Themenbereich interessiert mich und welche Kompetenzen muss ich noch entwickeln, um dort Fuss fassen zu können? In dieser Phase der Reflexion wurde das Bedürfnis, mit Menschen arbeiten zu wollen und diese zu begleiten, immer wichtiger. Und frei nach dem Motto «Gesagt, getan!» steuerte Martin Benz 2012 mit seiner langjährigen Erfahrung als Projektleiter und einer neu absolvierten Coaching- und Konfliktmanagement-Ausbildung im Gepäck in das Abenteuer Selbstständigkeit.
Wie kann man den Schmerz hinter sich lassen und sich den Chancen zuwenden?
Ganz wichtig in so einem Prozess, so erzählt Benz: Man muss über seine Situation sprechen, auch wenn es mitunter grosse Überwindung kostet. Ein intensiver Austausch mit Familienmitgliedern und Freunden, aber auch mit beruflichen Kontakten ist besonders wichtig. Nicht nur, um ein solches Schicksal verarbeiten zu können und eine externe Perspektive zu erhalten, sondern auch um kundzutun, dass man auf der Suche nach etwas Neuem ist. Denn, man kann keine Hilfe und Unterstützung erwarten, wenn niemand über die aktuelle Lage Bescheid weiss.
Die Vernetzungskompetenz stärken und das berufliche Netzwerk ausbauen
Ein besonders wichtiges Instrument in einer solchen Phase der Neuorientierung ist es, das berufliche Netzwerk anzuzapfen. Zu lange, so berichtete Benz, beschränkte er die Kontaktpflege auf Menschen in seinem nahen beruflichen Umfeld. Zu Beginn seiner Selbstständigkeit merkte er das fehlende Netzwerk spürbar. Es war also klar, dass er dieses ausbauen und pflegen musste, damit seine Firma unterschiedliche Kunden erreichen und erfolgreich in die Zukunft geführt werden kann. Also mischte er sich unter die Leute, nahm an unterschiedlichen Veranstaltungen und Events teil, ging in den Austausch mit Mitarbeitenden aus anderen Industrien, knüpfte neue Kontakte, positionierte sich mit einem neuen Auftritt auf Social Media und beschäftigte sich mit einer breiten Palette an unterschiedlichen Themen. So schaffte er es aus eigener Kraft und mit einer guten Reflektionsfähigkeit, sein eigenes Unternehmen erfolgreich auf dem Markt zu positionieren.
Weniger Perfektionismus und mehr Mut haben, das Unfertige anzugehen
Szenenwechsel. 2020, Martin Benz ist heute bereits acht Jahre mit seiner Firma PROCED auf dem Markt und begleitet Menschen und Organisationen in anspruchsvollen Phasen und Situationen der Neuorientierung. Was er allen Personen mit auf den Weg geben möchte: Nebst all den Herausforderungen, die die abrupte berufliche Veränderung mit sich brachte und den grossen Emotionen, die sie auslöste, ist eine Erkenntnis besonders wichtig: Man tut gut daran, den eigenen Perfektionismus hinter sich lassen, seiner eigenen Intuition zu vertrauen und den neuen Weg mit einer gewissen Leichtigkeit und einer Portion Mut zu beschreiten.