Sie und Ihr Team haben im September 2020 eine beispiellose Lerninitiative in der ZKB lanciert. Was ist aus Ihrer Sicht besonders an der Initiative Give.Take.Learn?
Mit der Lerninitiative Give.Take.Learn wollen wir unsere Mitarbeitenden für die des Lernens sensibilisieren und gleichzeitig Lust darauf machen. Wir müssen Anpassungsfähigkeit als einen wesentlichen Bestandteil des Arbeitsalltags begreifen. Dies ist etwas, das nicht von heute auf morgen gelingt. Deshalb haben wir uns entschieden, über einen längeren Zeitraum hinweg darüber zu sprechen. Unter dem Begriff Give.Take.Learn kommunizieren wir nun regelmässig zum Thema, erzählen Geschichten und geben ganz konkrete Hilfestellung und Unterstützung. Dabei berichten z.B. Mitarbeitende, wie sie lernen oder welchen Weg sie genommen haben und geben so anderen Mitarbeitenden Ideen und Inspirationen. Für weitere konkrete Hilfestellungen haben wir neue Hilfsmittel entwickelt wie z.B. eine digitale Lernkarte, die einen umfassenden Überblick über die Lernmöglichkeiten bei der Bank gibt, eine Entwicklungsmappe sowie einen Werkzeugkasten für Führungskräfte. So können die Mitarbeitenden ihre Weiterentwicklung proaktiv angehen und die Führungskräfte werden dabei unterstützt, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Das Besondere ist, dass wir auf vorhandenen Ideen und Angeboten aufbauen und über einen längeren Zeitraum immer wieder akzentuieren.
Wir sehen aktuell deutlich, dass die Digitalisierung die Anforderungen an die Mitarbeitenden stetig erhöht. Die Geschwindigkeit des Arbeitstempos steigt an und man muss kontinuierlich am Ball bleiben, um auch in Zukunft gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Ein wichtiges Thema der Kampagne skillaware ist der Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit durch kontinuierliches Kompetenztraining. Ein Programm wie Ihres trifft den Nagel dort ziemlich auf den Kopf. Was war der Anstoss für Give.Take.Learn, und welche persönlichen aber auch bankweiten Werthaltungen und welches Mindset stehen hinter der Initiative?
Digitalisierung ist nur eine der Dimensionen, die zu veränderten Anforderungen führt. Die Umwelt ist noch viel komplexer. Aus Unternehmenssicht setzen wir auf flexible und lernfähige Mitarbeitende, denn nur so ist es möglich, Anpassungsfähigkeit und Resilienz zu entwickeln und gleichzeitig die Zukunft proaktiv zu gestalten. Für den einzelnen Mitarbeitenden ist Lernen notwendig, um arbeitsmarktfähig zu bleiben und sich selbst für die Zukunft Wahlmöglichkeiten zu schaffen. Dazu braucht es eine Auseinandersetzung mit der eigenen Situation, persönlichen Werten, Motivatoren und Zielen sowie dem weiteren Entwicklungsweg.
Lernen ist für uns ein Geben und Nehmen, so ist auch der Begriff zur Initiative Give.Take.Learn entstanden. Für eine gute Lernkultur ist es wichtig, dass wir unser Wissen und unsere Erfahrungen mit anderen teilen, andere in ihrer Entwicklung unterstützen, ihnen Rückmeldungen geben und Lernerfahrungen ermöglichen. Auf der anderen Seite ist es genau so wichtig, Zeit für sich selbst und das eigene Lernen zu nehmen sowie Angebote und Unterstützung von anderen anzunehmen.
Oftmals haben die Mitarbeitenden durchaus ein geschärftes Bewusstsein für die Wichtigkeit der kontinuierlichen Kompetenzentwicklung. Jedoch fehlt scheinbar oft die nötige Zeit und ein Überangebot an Massnahmen führt zu einer Art Aktivierungsverlust. Wie geben Sie den Mitarbeitenden und Führungskräften in diesen Fällen Orientierung?
Wir machen häufig die Erfahrung, dass die Mitarbeitenden zwar sensibel sind für die Notwendigkeit von Entwicklung und Lernen, aber oft nicht wissen, wie sie dies angehen sollen. Für die konkreten Wege fehlt es entweder an Ideen oder diese Ideen fokussieren auf formale Weiterbildungen oder Stages in anderen Bereichen. Wir versuchen hier anzusetzen und über die Vielfältigkeit der Lernmöglichkeiten Orientierung zu geben. Wir haben dazu eine digitale Lernkarte mit Links auf konkrete Angebote innerhalb der Bank erstellt sowie mit Erklärung des Lernformats zum selbst initialisieren. Zudem ist uns sehr wichtig, dass die Mitarbeitenden zuerst ihren Lern- bzw. Entwicklungsfokus finden und diesem mit ihrem Entwicklungsplan nachgehen. Dazu haben wir mehrere Hilfsmittel. Eines davon ist die neu erstellte Entwicklungsmappe, mithilfe derer man in wenigen Schritten einen persönlichen Entwicklungsplan erstellen kann.
Ein so umfassendes Programm auszurollen ist mitunter kein leichtes Unterfangen. Unterschiedliche Zielgruppen und Fachbereiche, aber auch unterschiedliche Kompetenzlevel und vielleicht auch Einstellungen zum Thema steigern dort sicherlich die Komplexität. Wie sind Sie mit dieser Herausforderung umgegangen?
Wir beschäftigen uns bereits über einen längeren Zeitraum mit dem Thema. Beispielsweise haben wir sogenannte Personas erarbeitet, um unsere Mitarbeitenden besser zu verstehen. Zudem haben wir Mitarbeitende und Führungskräfte aus unterschiedlichen Bereichen intensiv in unsere Überlegungen miteinbezogen. Wichtig zu erwähnen ist, dass wir zwar einige neue Hilfsmittel erstellt haben, der Fokus aber darauf lag, bereits bestehende Angebote noch sichtbarer zu machen.
Ihre Lerninitiative gibt es seit September dieses Jahrs. Können Sie bereits eine erste Zwischenbilanz ziehen: Wie reagieren die Mitarbeitenden und Führungskräfte auf Give.Take.Learn? Haben Sie schon positive Resonanz erhalten? Was ist Ihnen besonderes im Kopf geblieben?
Wir haben viele positive Rückmeldungen erhalten. Es wird sehr geschätzt, dass das Thema in unserer Bank prominent aufgenommen wird. Beispielsweise erleben wir eine grosse Offenheit zur Mitwirkung, wenn wir Mitarbeitende für unsere Kommunikationsbeiträge suchen, um von ihren persönlichen Lernerfahrungen zu berichten. Sehr schön ist auch, dass Führungskräfte, wenn sie über Leadership sprechen, Give.Take.Learn erwähnen oder dass Give.Take.Learn in den Bereichs-Blogs zum Thema wird. Ebenfalls sehr gefreut hat uns, dass von den Entwicklungsmappen – eines unserer neuen Hilfsmittel, die wir produziert haben – bereits alle 1’000 Stück vergriffen sind und wir somit bereits Nachschub bestellen mussten.
Zum Schluss noch eine Frage: Was würden Sie Mitarbeitenden generell, aber auch anderen Banken raten, die das Thema Kompetenzentwicklung ebenfalls gerne in Angriff nehmen möchten? Was sind da Ihrer Erfahrung nach, gute Rahmenbedingungen, Perspektiven und Werthaltungen, die erfolgversprechend sind?
Bei diesem Thema gibt es zwei Verantwortungsdimensionen und beide müssen adressiert werden. Führungskräfte müssen die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, so dass Lernen möglich wird - beispielsweise Zeit für Reflexion und Lernen zur Verfügung stellen, herausfordernde Aufgaben und Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten im Arbeitsalltag schaffen, Möglichkeiten zum Ausprobieren und Experimentieren geben und sich neuen Ideen und Ansichten gegenüber offen zeigen.
Aus Mitarbeitersicht hingegen braucht es eine Grundambition, die eigene Entwicklung anzugehen. Und nicht unbedingt im Sinne von Karriere, sondern um sich Veränderungen anzupassen, also um zukünftige Anforderungen erfüllen zu können und arbeitsmarktfähig zu sein. Dazu braucht es Mut, Offenheit und auch Neugier. Und vor allem Initiative und die Bereitschaft, jeden Tag ein bisschen besser zu werden…