Fachkräftemangel: Was uns helfen könnte das Problem zu beheben

Der Fachkräftemangel ist ein drängendes Problem in der Schweiz keine Frage. Die Ursachen dafür sind aber vielschichtig. Sie müssen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Heisst: Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer müssen hier in die Verantwortung genommen werden. Was das konkret bedeutet erfahren Sie im Artikel.

Sind wirklich zu wenig Fachkräfte das Problem?

Die Zahlen in der Schweiz zeigen: Ja wir haben einen Fachkräftemangel. Vor allem im Gesundheitswesen und in technischen Berufen wurde 2023 ein Rekordhoch verzeichnet. In vielen anderen Branchen wiederum gibt es, laut Statistik, genügend gut ausgebildete Personen, aber die freien Stellen werden oder können nicht besetzt werden. «Auch in Berufsgruppen, in denen kein akuter Fachkräftemangel herrscht, wird es immer schwieriger, neue Mitarbeitende zu rekrutieren» betont Martin Meyer, Leiter Adecco Schweiz in einem Interview mit dem SRF.

Mögliche Ursachen für den Fachkräftemangel

Aber woran liegt es nun, dass viele Unternehmen trotzdem händeringend nach Fachpersonal suchen und entsprechende Stellen lange unbesetzt bleiben? Tatsächlich sind die Gründe vielseitig. Zwei davon nehmen wir jetzt genauer unter die Lupe. Zum einen haben wir in der Schweiz - tendenziell – eine eher konservativ geprägte Arbeitsmarktkultur. Das erschwert insbesondere Quereinsteigenden, Personen, die längere Zeit aus dem Berufsleben ausgeschieden sind, oder Menschen mit abrupten Lebenslaufveränderungen den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt. Und das obwohl sie entsprechende Qualifikationen mitbringen würden. Zum anderen fehlt es vielen arbeitssuchenden und durchaus gut ausgebildeten Fachkräften oft an Motivation oder Wissen darüber wie man sich – ganz im Sinne eines «Self-Marketings» - nach längerer Abstinenz selbstbewusst bei potenziellen Arbeitgebenden positioniert.

Besondere Herausforderungen für weibliche Fachkräfte

Viele Frauen entscheiden sich, nach der Geburt ihrer Kinder eine berufliche Auszeit zu nehmen, um sich der Familienbetreuung oder Care-Arbeit zu widmen. Wenn sie dann wieder in den Arbeitsmarkt eintreten möchten, stehen sie oft vor einigen Hürden:

  • Die Arbeitswelt entwickelt sich in grossen Sprüngen weiter: Laut aktuellen Zahlen des Bundes dauert es im Schnitt ganze 5 Jahre bis Frauen wieder einen Anlauf machen auf dem Arbeitsmarkt Fuss zu fassen. Während ihrer Abwesenheit haben sich Technologien, Arbeitsprozesse und Marktdynamiken aber oft massiv weiterentwickelt, wodurch ein Wiedereinstieg ohne entsprechende Weiterbildungen schwierig werden kann.
  • Veränderung der Interessen: Die Zeit mit den Kindern prägt viele Frauen so stark, dass sie bei ihrer Rückkehr in die Berufswelt oft etwas Neues machen möchten. Dieser Wunsch nach Veränderung erfordert jedoch zusätzliche Qualifikationen und Zeit für Weiterbildung.
  • Stigmatisierung von Erkrankungen: Hinzukommt - und das gilt für alle Geschlechter - dass es nach wie vor an einem offenen und konstruktiven Umgang mit psychischen Erkrankungen mangelt. Personen, die aufgrund von psychischen Erkrankungen ihre Arbeit pausiert haben, sehen sich oft mit einem starken Stigma konfrontiert. Das erschwert den Wiedereinstieg in das Berufsleben zusätzlich.

Ein möglicher Lösungsansatz: «Self-Marketing»und «Re-Branding»

Im Kern ist der Arbeitsmarkt wortwörtlich ein Markt, auf dem man sich selbst als Produkt platzieren muss. Ein erfolgreiches Self-Marketing und ein effektives (Re-)Branding sind daher unerlässlich, um an eine neue Stelle zu gelangen. Rekrutierungsexpertin und Laufbahnberaterin Caroline Schultheiss rät daher zunächst einmal eine ordentliche Auslegeordnung zu machen und sich vier zentrale Fragen zu stellen:

  • Wer bin ich und was zeichnet mich als Person aus?
  • Welche Interessen habe ich?
  • Was kann ich gut?
  • Welche Kompetenzen bringe ich mit?

Was aber wenn die letzte formelle Aus- oder Weiterbildung wirklich viele Jahre her ist?

Die Expertin ermutigt hier zum Perspektivenwechsel. Die Skills und Fähigkeiten diewir mitbringen in den neuen Job hängen nicht immer nur mit formellenAusbildungen zusammen. Sondern wir erwerben sie gerade auch im privatenBereich. Um das konkret zu machen, bleiben wir hier einmal beim Beispiel vonFrauen, die sich mehrere Jahre der Care-Arbeit widmen. Auch oder gerade bei dieser Arbeit entwickelt und fördert man neue Fähigkeiten, die später auch aufdem regulären Arbeitsmarkt benötigt werden. Man lernt mit Druck umzugehen, steigert seine Planungs- und Koordinationsfähigkeit und lernt auch unterwidrigen Bedingungen Ruhe und Geduld zu bewahren. Wichtig für einaussagekräftiges Self-Marketing ist dann diese Skills selbst zu erkennen und selbstbewusst nach aussen vertreten zu können. Das ist nicht für alle Personenleicht zu bewältigen. Deshalb benötigt es Unterstützungsangebote, die helfen die Fachkräfte fit zu machen für den Bewerbungsprozess.

Unternehmensperspektive: Mehr Risikofreude bei der Rekrutierung!

Wenn Entscheidungen über die Besetzung von offenen Stellen gefällt werden, werden tendenziell eher die Bewerber:innen genommen, die einen lückenlosen und stringenten Lebenslauf vorweisen können. Das ist per se auch nicht falsch, aber damit fallen automatisch alle anderen Personen durch das Raster. Diejenigen also die durchaus geeignet wären für eine Stelle, aber einen unkonventionellen oder lückenhaften CV haben kommen oft nicht einmal in die engere Auswahl. Hinzukommt: Auch bei den auf Hochglanz polierten Lebensläufen kann man sich nicht immer sicher sein, ob man auch wirklich das bekommt was versprochen wird und ob man all die Skills auch wirklich für die Stelle benötigt. Rekturierungsexpertin Caroline Schultheiss schlägt deshalb vor pragmatisch an die Sache heranzugehen. "Besonders sinnvoll ist es, wenn man die Personen einen halben Tag Probearbeiten lässt. So sieht man recht schnell wie eine Person arbeitet, welche Fragen sie stellt, wie sie an Aufgaben herantritt und welches Mindset sie mitbringt."

Die Initiative AIT: Gemeinsam gegen den Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel in der Schweiz ist komplex und geht über demografische Faktoren hinaus. Konservative Arbeitsmarktkulturen und mangelnde Selbstvermarktungsfähigkeiten erschweren vielen Fachkräften den Einstieg. Self-Marketing und Re-Branding sind daher essenziell. Gleichzeitig sollten Unternehmen ihre Rekrutierungsstrategien öffnen und auch unkonventionelle Lebensläufe berücksichtigen. Mit gemeinsamen Anstrengungen und innovativen Ansätzen können wir die Lücken auf dem Arbeitsmarkt schließen und eine nachhaltige Zukunft gestalten. Genau da setzt das Pilotprojekt AIT an (AIT = Arbeitsmarktliches Integrationstraining für weibliche Fachkräfte).

Dahinter steht eine innovative und interdisziplinäre Methode, welche über herkömmliche Konzepte der Laufbahnberatung hinausgeht und nicht nur die Unternehmen direkt miteinbezieht, sondern einen ganzheitlichen und individuellen Begleitprozess der weiblichen Fachkräfte verfolgt. Heisst konkret: neben der klassischen Laufbahnberatung ermöglich der Ansatz den Teilnehmerinnen, individuell, in der Gruppe und im Austausch mit Arbeitgebern, allfällige Kompetenzlücken zu schliessen, sich neu zu positionieren und auf eine definierte Rolle hinzuarbeiten. Dabei ergänzen sich Coaching und Training, welche gleichermassen Stabilität bieten und die Teilnehmerinnen aus ihrer Komfortzone holen.

Wenn Sie mehr zum Programm erfahren wollen, können Sie sich gerne melden unter: info@skillylog.ch.

Quellen

https://www.srf.ch/news/wirtschaft/fachkraeftemangel-index-2023-neue-zahlen-zum-rekord-fachkraeftemangel-pruefen-sie-ihren-beruf

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