Brunos Story: Die Ewigkeit hält nicht für immer

In den 80ern wechselte Bruno vom Einzelhandel zur Bank. 35 Jahre lang prägte er als Ablaufspezialist den Bereich "Banking Operations". Er fühlt sich wohl und sicher in seinem Fach. Aber die Digitalisierung kommt - schneller als gedacht. Und sie bringt Konsequenzen. Bald schon steht Bruno vor der grössten Herausforderung seines Lebens.

Ein Traum wird wahr

Bruno ist 52 und hat im Detailhandel seine Lehre gemacht. Als in den 80er Jahren die Banken auch Quereinsteigern eine Möglichkeit gaben, in der gut bezahlten Branche Fuss zu fassen, hat er seine Chance genutzt. Im Grunde gefiel ihm sein damaliger Job, aber als junger Mann reizte ihn die Bankbranche mit den gut gekleideten Leuten, die vermögende Kunden aus der ganzen Welt betreuten. Es war eine Branche, welche die Schweiz auszeichnete und deren Mitarbeitende geschätzt wurden.

Das Gespräch mit dem rund fünfzigjährigen Leiter der Abteilung, in der Bruno zukünftig arbeiten sollte, verlief gut. Er fühlte sich aber etwas unsicher. Schon das Gebäude der Grossbank war beeindruckend, dann all die Leute, die da geschäftig rumschwirrten, natürlich ausnahmslos in dunklen Anzügen und mit schönen Krawatten – es war einfach ein Erlebnis. Dieses gipfelte in der Lohndiskussion. Er hätte sich nie träumen lassen einmal mehr als 85'000 Franken zu verdienen. Plötzlich wurden in seinem Geist Türen geöffnet und auch familiäre Möglichkeiten greifbar, an die er vorher nicht zu denken wagte. Es war ein Schritt in eine neue Branche, in ein neues Leben und dies für immer.

Zum ersten Mal Teil von etwas Grossem

Anfänglich fand Bruno die Arbeit anspruchsvoll. Pünktlich um acht Uhr, manchmal etwas früher, fing er an. Seine Kollegen und er arbeiteten ruhig, konzentriert und gewissenhaft an den immer wiederkehrenden Schritten. Der Vorgesetzte wurde nur bei schwierigen Fällen oder speziellen Fragen involviert. Die Pausen waren dann etwas ausgelassener, viele der Kolleginnen und Kollegen kamen auch aus anderen Branchen, genau wie er selbst. Einige hatten aber auch eine Banklehre gemacht. Gemeinsam war ihnen allen, dass sie diese Struktur der Arbeit schätzten. Die einzelne Aktivität sah nicht nach grosser Verantwortung aus, aber zusammen stellten sie die Abwicklung der Zahlungen sicher, Schritt für Schritt, Formular für Formular, mit der Genauigkeit einer Schweizer Uhr. Er war Teil von etwas Grossem, er war Teil des Teams und dieses hielt zusammen.

Mit den Jahren gab es mehr und mehr Veränderungen in den Prozessen, vor allem die technologische Entwicklung verlangte, dass auch Bruno Computer und diverse Systeme bedienen lernte. Rückblickend ist er fast ein wenig stolz auf alles, was er gelernt hatte. Er lächelt, wenn er an den jungen Mann zurückdenkt, der damals beim Bewerbungsgespräch sass. Heute ist es noch immer aufregend in die grossen Gebäude einzutreten, sich den Pfad durch den Bienenstock von arbeitenden Bankmitarbeitenden hin zum Arbeitsplatz zu suchen und dort ein technisches Universum zu öffnen, welches er von der Pike auf gelernt hat. Er kennt seine Prozesse, jeder Handgriff sitzt, er ist ein Abwicklungsspezialist und darauf ist er stolz.

Hier trägt keiner dick auf

Bruno gehört zu den Fachexperten, die unter dem Begriff «Banking Operations» zusammengefasst werden können. Manche sprechen auch von Back-Office-Einheiten oder ganz einfach von der Abwicklung. Von aussen sind sie kaum zu sehen und unterscheiden sich auch im Auftritt sehr oft von den strahlenden Kundenberatern in den diversen Frontbereichen einer Bank. Betritt man einen Raum von Back-Office-Einheiten ist alles ruhig, aber nicht still. Einzelne stehen zusammen vor den Bildschirmen und besprechen ein Problem, welches aufgetreten ist, andere arbeiten konzentriert, während man nur das Klicken der Tastatur hört. Ruft man, «guten Morgen», sieht man ein paar verdutzte Blicke und das eine oder andere verschmitzte Lächeln, vielleicht ein Murmeln und dann gleich wieder das fleissige Klicken. Lautstärke, Selbstdarstellung, grosse Auftritte, das gehört nicht zur Mentalität dieser Einheiten. Vielmehr stehen sie für Genauigkeit, Fleiss, Konzentration. Viele sind keine akademischen Überflieger, können sich auch nicht vorstellen, sich selbst ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu stellen oder grosse Initiativen zu starten. Als Gruppe aber entfalten sie eine enorme Wirkungskraft. Das Zusammenspiel von vielen kleinen Handgriffen und vielen kleinen Prozessen schafft grosse Leistung, ohne die es keine Bank gäbe. Sie sind stolz auf das, was sie machen und verteidigen, wenn es denn sein muss, die Qualität ihrer Prozesse. Es ist beinahe so, dass das Einzige, was sie zur Weissglut treibt, die Unachtsamkeit mit validierten Prozessen ist. Fehler werden sofort korrigiert, aber idealerweise gar nicht erst gemacht. Somit sind Neuerungen keine Feindbilder, werden aber mit kritischem Blick betrachtet, denn scheint der einzelne Prozessschritt für einen Aussenstehenden auch unbedeutend, sie kennen jeden Winkel dieser Abläufe, da darf nichts schiefgehen.

Das Wahrzeichen von Qualität und Pflichtbewusstsein

Wie Bruno mussten sie sich alle an die neuen technologischen Entwicklungen anpassen. Damit verbunden kennen sie im Rahmen ihrer Prozessverantwortung die IT-Landschaft und können sich problemlos darin bewegen. Natürlich sind es keine Informatiker, aber sie sind Ablaufspezialisten mit technisch gut entwickelten Kompetenzen. Vor allem aber sind sie das Wahrzeichen einer Bank, wenn es um Qualität, Pflichtbewusstsein und Unermüdlichkeit geht. Die Kundenberater an der Front schenken dem Kunden ihre volle Aufmerksamkeit und nehmen seine Aufträge entgegen. Die Abwicklungseinheiten stellen dann still und leise sicher, dass der Kundenauftrag auch sein Ziel erreicht oder anders ausgedrückt, dass er abgewickelt wird.

Die Veränderung beschäftigt Bruno

Bruno arbeitet seit 35 Jahren für seine Bank. Es hat sich viel verändert, aber er wüsste gar nicht, wo er sonst arbeiten wollte. Diese Bank ist Teil seines Lebens und er macht seine Arbeit gut. Das sagt auch der Chef. Er hat Freunde in anderen Abteilungen, manche machen so Ausbildungen oder Kurse. Müsste er das auch machen? Warum sollte er Präsentationskurse machen? Auch in die Führung wollte er nie. Das können andere besser. Englisch mag er nicht lernen, aber er kennt nun die wichtigsten Sätze, die er dann hervorkramt, wenn mal jemand aus einer anderen Region schreibt. Es ist ja nicht so, dass er nichts lernen möchte, aber macht es denn Sinn hochtrabende Kurse zu besuchen? Reicht es denn nicht, einfach darauf zu achten, dass er innerhalb seines Aufgabengebietes auf dem neusten Stand bleibt? Der Chef meinte früher mal, es wäre wichtig sich in den neuen Applikationen auszukennen. Das macht Bruno auch, an Kursen dazu nimmt er regelmässig teil. Das ist interessant und bringt ihm auch etwas im Arbeitsalltag.

«Ich finde schon, dass wir im Banking Operations innovativ sind. Ich meine all die neuen Tools, die wir benutzen, das ist doch gut. Wir machen auch mit in den Projekten, immer. Das ist zwar stressig, halt immer neben der eigentlichen Arbeit, aber es geht, wir machen das, solange es den Prozess auch besser macht. Unnötig finde ich, wenn man den Prozess so kompliziert macht. Dann sagt man, jetzt wird alles besser und dann muss man ständig Feuerwehr spielen, um die Fehler wieder rauszukriegen. Naja, aber wie gesagt, wir machen das», berichtet Bruno.

Auch die Ewigkeit hält nicht für immer

Als der Vorgesetzte an einem Morgen das Team zusammentrommelt, liegt Anspannung in der Luft. Schnell wird klar, es geht nicht um die üblichen Veränderungen, kein neues Tool, keine neue Organisationsstruktur, nein, nun geht es um alles. Die Digitalisierung war für Bruno immer ein leerer Begriff. «Es ist ja nicht so, dass wir heute mit Brieftauben arbeiten. Was heisst denn Digitalisierung? Ich meine, es braucht uns ja auch heute. Wer findet denn die Fehler und die Lösung gleich dazu? Wir hatten ja schon immer diese neuen Tools, jetzt kommen halt ein paar mehr, aber ich sehe einfach nicht, wie es ohne uns gehen könnte», stellt er fest.

Bruno ist damals in die Bank gekommen, um zu bleiben. 35 Jahre hat er hier gearbeitet. In 15 Monaten soll Schluss sein. Man brauche nicht mehr so viele, die neuen Tools würden die Arbeit übernehmen. Nun muss er zeigen, was er in den letzten Jahren gemacht hat. Weiterbildungen, Trainings, Zertifizierungen. Er versteht nicht, warum alles, was er kann, plötzlich nicht mehr ausreicht. Vielleicht hat er die Warnungen verdrängt, vielleicht wurden sie auch nicht deutlich ausgesprochen. Der 52-jährige ist ein Ablaufspezialist. Er ist ein operativer Experte für genau diese Abläufe in genau diesem Geschäft, in genau dieser Bank. Das kann er. In 18 Monaten werden diese Abläufe final digitalisiert und seine Arbeit wird fortan automatisiert ablaufen.

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